Wolfgang Lexer (Umweltbundesamt Österreich) ist der Betreuer (Caretaker) des Alpinen Klimabeirates für Naturgefahren. Diesen Monat spricht er über seinen Bezug zu dem Thema und die zusätzlichen Herausforderungen, die durch den Klimawandel verursacht werden. Wertvolle Unterstützung erhält er dabei von Katharina Rieder (BMLRT, PLANALP und EUSALP AG8).
Was ist Ihre Motivation für Ihre Rolle als Beauftragter für Naturgefahren?
Seit mehr als 15 Jahren bin ich im Bereich der Klimaanpassung tätig. Egal, mit welchen Themenbereichen man sich als Anpassungsexperte beschäftigt - ob Raumplanung, Tourismus oder Wasserwirtschaft - in den Alpen wird man schnell mit Herausforderungen konfrontiert, die sich durch die zunehmenden Risiken von Naturgefahren ergeben. Sie sind Teil von klimawandelbedingten Auswirkungen, die im Grunde alle diese Gebiete betreffen.
Es ist allgemein bekannt, dass sich verändernde klimatische Bedingungen und extreme Wetterereignisse Naturgefahrenprozesse wie Muren, Erdrutsche, Steinschläge oder Überschwemmungen verschärfen und die Häufigkeit, das Ausmaß sowie die räumliche Ausdehnung von Naturgefahren vielerorts zunehmen wird. In Kombination mit den wachsenden Landnutzungsansprüchen und der fortschreitenden Ausdehnung von Siedlungsgebieten führt dies zu einem ansteigenden Risiko für die Gesellschaft, wirtschaftliche Aktivitäten und unsere Lebensumwelt. Mit anderen Worten ist die Erreichung von Klimaresilienz im Alpenraum ohne eine Steigerung der Bemühungen zur Risikoprävention nicht möglich.
Wo sehen Sie den größten Veränderungsbedarf im Umgang mit Naturgefahren in den Alpen in den nächsten Jahrzehnten?
Einerseits bei der zunehmenden räumlichen Überschneidung von sich ausweitenden Gefahrenzonen und andererseits bei dem stetig steigenden Flächenbedarf durch Besiedlung. Das bedeutet, dass die präventive Raumplanung eine viel stärkere Rolle bei der Begrenzung des klimabedingten Risikoanstiegs einnehmen muss.
Zweitens gibt es inzwischen wissenschaftliche Belege dafür, dass der Klimawandel bereits große Wetterextreme von beispiellosem Ausmaß verstärkt hat und dies auch weiterhin tun wird. Die unmittelbaren Auswirkungen solcher extremen Wetterereignisse wie Stürme oder starke Niederschläge können Naturkatastrophen auslösen, die die derzeitigen Risikomanagementkapazitäten übersteigen und Folgeauswirkungen (Stromausfälle, Unterbrechung von Verkehrsanbindungen, Beeinträchtigung der Erreichbarkeit von Regionen, Zerstörung kritischer Infrastruktur etc.) für das gesamte sozioökonomische System verursachen. Dies stellt eine Herausforderung für bestehende Schutzkonzepte, Risikobewertungsmethoden und Präventionsmaßnahmen dar und erfordert eine systematischere Berücksichtigung des zukünftigen Klimawandels im Naturgefahrenmanagement.
Schließlich ist die Stärkung der Zusammenarbeit von Klimaanpassung und Katastrophenrisikominderung, wie sie in Strategien auf UN- und EU-Ebene gefordert wird, eine laufende aber keineswegs einfache Aufgabe. Beide Politikbereiche teilen Gemeinsamkeiten aber vor allem verfolgen sie das gemeinsame Ziel, die Katastrophenanfälligkeit zu verringern und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Es bestehen jedoch einige Unterschiede, zum Beispiel in Bezug auf den politischen Rahmen, die Akteure der Gemeinden, die institutionellen Zuständigkeiten, die Methoden oder die räumlichen und zeitlichen Maßstäbe, die berücksichtigt werden. Die Koordinierung und Kohärenz verbessern sich, doch handelt es sich immer noch um eine eher zurückhaltende Beziehung mit viel Entwicklungspotenzial.
Wie arbeiten Sie mit anderen transnationalen Akteuren zusammen?
Wir haben eine gut etablierte Zusammenarbeit und einen regelmäßigen Informationsaustausch mit anderen transalpinen Arbeitsgruppen insbesondere mit PLANALP, der Arbeitsgruppe "Naturgefahren" der Alpenkonvention und mit der EUSALP-Aktionsgruppe 8 zu Risikomanagement. Beide unterstützen durch ihre Aktivitäten die Naturgefahrenziele des Klima-Aktionsplans 2.0 und fördern den Kontakt zu anderen Akteuren, Projekten und Initiativen.
Besonders erwähnen möchte ich Katharina Rieder vom österreichischen Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT), die Teil des Leitungsteams beider Gruppen und meine Co-Beauftragte für Naturgefahren ist.